zurück zu Tag 15 – Über Danzig nach Bansin
Tageskilometer – 346km
getankte Liter – 56
Zeit unterwegs – 8 Stunden
Der Morgen startete deutsch. Der Platzwart vom Platz vor dem wir standen, weckte uns und teilte uns mit, dass wir im Parkverbot stehen würden. Muss man sich vorstellen: Am Ende einer Sackgasse mitten im Wald. Am Rand. Nicht im Weg. Wo Einheimische ihre Autos für den Hunde-Strandspaziergang auch parkten. Auf die Frage, was mit denen sei, ob er die auch alle anhaue, meinte der wichtige kleine Mann, die hätten alle Sondergenehmigungen. Also machten wir Autoballett. Das sah kurz so aus, als würden wir fahren, das beruhigte den kleinen Mann. Wir fuhren aber nicht, denn Matthias hatte das Ganze gar nicht mitbekommen und schlief noch. Besser so, denn das wäre ja so richtig nach seinem Geschmack gewesen.
Wie auch immer, der kleine Mann hatte ja Recht. Da war so ein Schild. Aber man kann sich auch anstellen. Germanstyle halt. Ist es eigentlich auch nicht wert, noch mehr Worte drüber zu verlieren.
Wir machten uns dann erneut mit einem Strand-Plan auf. Kurzer Halt bei einem Bäcker und dann die Suche nach einem Strand, um die Roadbooks fertig zu machen, zu frühstücken und einen kurzen Moment noch Gemeinsamkeit zu haben. Wir endeten am FKK-Strand, wollten uns aber nicht ausziehen. Sieht auch komisch aus, nackig vor dem Fotodrucker mit Prittstift in der einen und Schokocroissant in der anderen Hand. Also bauten wir die Tische und Stühle einfach in der Sonne auf dem Wiesenparkplatz auf und verbrachten dort noch ein wenig Zeit. Zwar ohne Meer und ohne nettes Ambiente. Dafür mit uns. Und das hat uns ja schließlich die ganze Rallye über gereicht!
Von dort aus fuhren wir noch etwas Landstraße, aber auf schnellstem Weg Richtung Autobahn. Die war heute nämlich wieder erlaubt. Auf der Landstraße, beim Tanken, überall verfestigte sich das Bild: Mecklenburg-Vorpommern ist Orkland. So viele sich wie selbstverständlich im Straßenbild bewegende Nazis haben wir selten gesehen. Mit Sankt Pauli T-Shirt mit Regenbogenfahne jetzt nicht unbedingt angenehm. Tausend Gründe, dort schnell weg zu fahren und nicht wieder zu kommen. Eine nette Begegnung gab es aber noch: Die Jugendfeuerwehr Züssow packte gerade ihre Busse aus und wir nutzen die Gelegenheit für eine weitere Foto-Challenge: Little India – packe soviele Menschen und Tiere wie möglich auf und in dein Auto.
Nach Hamburg ging es reibungslos, jeder Kilometer machte uns aufgeregter. Irgendwann übernahm Gin Tourismo die Führung, als Lokalmatadore kannten sie den schnellsten und besten Weg vorbei am Hamburger Stau zum Fischmarkt. Auf der Autobahn hängte sich auf einmal ein roter T3 Westfalia an uns ran. Michas Papa hatte uns getrackt und uns auf der Autobahn abgepasst, um die letzten Kilometer mitzufahren.
Unmittelbar vor dem Ziel, vielleicht 2-3 km noch, stand der blaue T2 vom Team Vanicomearound am Straßenrand. Ein verrücktes Team. Der T2 wurde in Chile gekauft und damit Südamerika durchfahren. Anschließend haben sie den Bus nach Deutschland verschifft und zum Abschluß den Baltic Sea Circle gemacht. Immer noch mit chilenischer Zulassung. Und jetzt war ihnen so kurz vor dem Ende der Kupplungszug gerissen. Was für eine Dramatik.
Andere Teams hatten schon angehalten, niemand konnte helfen. Wir gaben ebenfalls unser Bestes, was von konstruktiven Vorschlägen bis hin zu wissenden Tritten gegen den Reifen alles war, was wir tun konnten, um die T2-Jungs am Ende angesichts des Ziellinienschlusses dazu zu überreden, sich ins Ziel schleppen zu lassen. Ganz eigentlich sträubte sich bei vanicomearound alles dagegen, aber am Ende nahm Karin (der Saab) den T2 an den Haken.
Und dann ging es durch das Ziel auf den Fischmarkt. Ein wirklich bewegender Moment. Wir hatten es geschafft. 7382 Kilometer plus Anreise 480km, plus noch kommende Abreise. In 16 Tagen durch zehn Länder. In einem mittlerweile etwas waidwunden 44 Jahre alten Volvo. Zu zweit. Und mit neuen Freunden.
Wir sind mächtig stolz auf uns.
Am Fischmarkt warteten bereits liebe Freund_innen auf uns, es gab Schokokuchen von der Motorhaube und verspritzten Sekt. Letzteres weil Matthias die geplante Siegesflasche vor lauter Aufregung einfach umgetreten hat. Es war toll, anzukommen, in den Arm genommen zu werden, gedrückt und gefeiert zu werden. Und es war toll, erzählt zu bekommen, wie mit uns mitgefiebert wurde. Wann immer wieder gecheckt wurde, wo wir gerade sind. Aufgeregt unser Blog und Facebook verfolgt wurde. Die Daumen gedrückt wurden, als der Volvo langsam anfing wegzubröseln. Es war toll, wieder da zu sein.
Natürlich passierte dann so Zielkram, wir lagen uns mit anderen Teams in den Armen, lernten Menschen kennen, von denen wir immer nur gehört hatten (und die von uns) und gaben schlussendlich unser Roadbook zur endgültigen Punkteauswertung bei der Jury ab.
Dann wollten wir schnell vor der Siegerehrung nach Altona unser Auto bei unserem letzten Schlafplatz parken und verfuhren uns hier so schlimm, wie auf der ganzen Rallye nicht. Ein Mischung aus Baustellen, Sackgassen und Einbahnstraßen machte es uns erst unmöglich zum Pearkplatz zu kommen – und dann aus dem Viertel wieder rauszufahren. Und das obwohl wir uns da eigentlich ganz gut auskennen UND das Navi an hatten. Rallyereglement galt ja nicht mehr
. Irgendwann waren wir raus und fuhren dann direkt zum alten Mädchen, dem Brauhaus-Keller der Ratsherren-Brauerei.
Dort gab es ausreichend Parkplätze für die Rallyeautos. Bei Kaltgetränken und Bratwurst zu finnischen Preisen wurde sich noch einmal ausgetauscht, vor allem herrschte aber ein wenig Wehmut. Die Reisegruppe sollte gleich aufgelöst werden, alle ihre eigenen Wege fahren und auch die Schlibos würden nicht mehr zufällig irgendwo auftauchen. Und dann die große Sensation: Team Avilius belegte nach Punkten den dritten Platz. Und Team Gin Tourismo den zweiten Platz.
Herzlichen Glückwunsch auch nochmal an dieser Stelle von uns! Das habt Ihr euch hart erarbeitet und ehrlich verdient. Mit so viel Engagement und Elan am Roadbook und den Aufgaben wie ihr haben wenige gearbeitet! Die Likedeeler freuen sich jedenfalls wie Bolle mit euch! Und ein bisschen färbt das ja auch auf uns und den Polarkreisverkehr ab
Und dann hieß es wirklich Abschied nehmen. Das fiel schwer. Mit Gin Tourismo, dem Polarkreisverkehr und Avilius haben wir Menschen getroffen, die mit uns gefahren sind, mit denen wir ein herausragendes Abenteuer erlebt haben und die uns nahe gekommen sind. Es war eine große Zeit mit ihnen und wir freuen uns auf die kommenden gemeinsamen Abenteuer! Mit dazu zählen auch die Schlibos und Dr. Georg II, die immer wieder auftauchten, uns eine Zeit begleiteten und dann wieder ihre eigenen Wege fuhren. Auch sie sind Teil einer grandiosen Zeit. Nicht in die gleiche Richtung wie alle diese Menschen zu fahren und ihnen so immer wieder zwangsläufig zufällig zu begegnen, gehört dazu, hat sich trotzdem doof angefühlt. Ab jetzt heißt es, diese Momente mit genauer Kartennavigation immer wieder zu organisieren. Und da freuen wir uns schon sehr drauf!
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