600 Kilometer Zieleinlauf

Der Tag begann früh und mit Katzenwäsche aus dem Wasserkanister. Waldparkplatz-Romantik. Wenn es nicht so kalt wäre. März ist halt nicht die obertop Zeit für Outdooraktivitäten, im Taunus wahrscheinlich noch mal nen Ticken weniger. Aber der Schlafsack hat gut warm gehalten und das Schlafen im Auto klappt erstaunlich gut. Noch ein schnelles Frühstück und zurück auf die B8. Zum Anstehen. Denn ab diesem verschlafenem Waldstück bis in die Frankfurter Innenstadt war Stop-And-Go angesagt. In zwei Stunden keine 80 Kilometer geschafft. Montag Morgen. Andere müssen offensichtlich arbeiten.

Entsprechend nervig gestaltete sich die ganze Strecke. Das zog sich im Prinzip noch komplett durch FFM und das ganze Maintal durch. Als Aschaffenburg endlich geschafft war änderte sich sowohl Strasse als auch Verkehr. Die letzten ca. 150 Kilometer waren im Prinzip bestens ausgebaute Schnellstrasse, für „aus Spass“ Autofahren einfach nur grottenlangweilig. Hässlich, nicht anspruchsvoll und auch sonst unattraktiv. Aber jetzt ging es los.

Hinter Aschaffenburg fing eine der recherchierten Etappen an. Die B8 folgt hier nicht mehr ihrem originalem Verlauf. Dieser liegt auf kleinen Staatsstrassen und windet sich auf zwar gut asphaltierten aber wirklich winzigen Strassen durch das Spessart. Hier zu fahren war eine wahre Freude, das zeichnete sich bereits bei der Streckenplanung ab. Umso bitterer das der Volvo anfing zu zicken. Irgendwann im Stau bei Frankfurt oder vorher noch beim Schlange stehen im Taunus müssen sich die Bremssättel vorne festgesetzt haben, vor allem rechts vorne. Diese wahren schon mal dicht und wurden wieder gängig gemacht. Wahrscheinlich hätten wir sie damals genauso wie die hinteren Bremssättel austauschen sollen.  Wie auch immer, ein bisschen werkzeugunterstütztes gutes Zureden konnte sie zur Bremsfreigabe überreden, leider haben sich die Scheiben verzogen und rubbeln jetzt. Im weiteren Verlauf kam noch ein wirklich ekelhaftes Quietschen beim Bremsen hinzu, vor allem wenn die Scheiben gut heiss gelaufen waren. Kurzes Kopfzerbrechen, aber erstmal der Versuch weiter zu kommen.

Inzwischen klarte auch der Himmel auf und die Sonne lachte, so das die letzten Kilometer wirklich Spass machten. Bis auf zwei Ausnahmen: irgendwann kam Hunger auf und dieser Hunger diktierte einen Boxenstop bei einem Griechem für einen ordentlichen Gyrosteller ins Lastenheft. Nur hatte jeder Grieche zu. Montag Ruhetag. Aber nicht nur die Griechen hatten zu. Es gab zwischen Aschaffenburg und Passau nicht ein offenes Restaurant. Very sad. Not fair. So wird das nix mit „make Bavaria great again“ wenn man in der Pampa verhungert. Also habe ich mich mit mitgebrachten Keksen und Cola über Wasser gehalten. Und stand damit direkt vor dem nächsten Problem: immer noch nur spärlich gesäte Haltemöglichkeiten, keine öffentlichen Toiletten und Tanken die einem Nicht-Kunden zwischen 50 Cent und nem Euro für die Toilette berechnen. Und man kriegt keinen Gutschein oder so. Nein, man soll für die Benutzung von mäßig gepflegten Toiletten mal ohne Toilettenpapier, mal ohne Seife mehr als bei Sanifair bezahlen. Was stimmt bei denen nicht?

Überhaupt: eine Bevölkerung, die sich darum sorgt, dass eine Umgehungsstrasse gebaut werden soll trotzdem aber nicht möchte, dass der Verkehr durch den Ort geht, die ihre Holzrechte (was auch immer das sein mag) nicht abgenommen haben wollen und dafür auf gar keinen Fall einen Naturpark wollen aber gegen die Windräder mit dem Artenschutz von Zugvögeln argumentieren und die EU-Regularien zur Milchkuhzucht ganz furchtbar finden aber trotzdem geförderte Multi-Agrar-Kulturlandschaften schaffen wollen, eine Bevölkerung die bei offensichtlich so vielem laut „not in my backyard“ brüllt und dafür Transparente malt und an jeden freien Pfosten an der Bundesstrasse tüddelt und im Zweifel noch Heuballen zur Unterstreichung der Forderung anmalen, auftürmen und sonstwie arrangieren, man sollte doch meinen, das eine solche Bevölkerung ein Interesse daran hat, das ich meine Geschäfte ordnungsgemäß loswerden kann. Sie sich also für nette Rastplätze mit stillen Örtlichkeiten einsetzt (an die man hervorragend Protestplakate tüddeln könnte und wo man wichtige Unterschriftenlisten für Durchreisende auslegen könnte). Aber nein. Also lebt mit der Konsequenz, liebe Nimby’s: ich halte an Euren schönen, hölzenernen Bushaltestellen auf die die KVB neidisch wäre und pinkel an die Rückwand. Ich hätte es anders gewollt.

Gegen Ende gab die B8 noch einmal alles. Die letzten 30 Kilometer verläuft sie parallel zur Donau. In der Abenddämmerung geniesse ich das letzte Stück bevor ich nach Passau reinfahre, durch enge Gassen Richtung Österreich kurve und mit Grenzübertritt jeden Kilometer B8 in zwei Tagen gefahren bin. 998 Kilomter, mit Anreise über die A3 sogar 1198 Kilometer,  ca. 135 Liter Super Plus und die lange gepflegte Idee ist Realität.

Ich freue mich sehr und lasse den Tag jetzt im Hotel ausklingen. Gyros habe ich auch bekommen. Angesichts des lädierten Zustandes vom Volvo werde ich mich morgen auf den direkten Weg zurück über die A3 nach Hause machen. Einen Schleife heim traue ich mich bei den Bremsgeräuschen nicht mehr.

Das Video ist eigentlich fertig, will aber grade nicht hochladen. Es folgt schnellst möglich! Ein bisschen lustig, das von der Ladefläche des Leichenwagens aus das Hochladen mitten im Taunus besser funktioniert hat als hier im Hotel mitten in der Stadt.

da ist er jetzt auch:

Fehler
Dieses Video existiert nicht

2 Kommentare

  1. Glückwunsch, lieber Matthias, für die Routenbeschreibung und für die Enttarnung bayrischer Selbstüberhebung. Als ehemaliger Pflegehelfer weiß ich Rat für künftige Ausflüge in WC-freie Zonen: hier wartet ein mobiles Urinal auf Dich. Sorgen machen sollte Dir die Weigerung Deines Autos, ausgerechnet dort unten nicht mehr weg zu wollen. Es gibt gastlichere Gegenden für Bremsblockaden. Gute Heimfahrt und liebe Grüße von Andreas

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