Tag 9 – Über Rovaniemi nach Hailuoto

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Tageskilometer – 532

getankte Liter – 64

Zeit unterwegs – 10,5 Stunden

repariert: Vorderachsaufhängung

thumb_IMG_0745_1024Um es direkt vorne weg zu sagen: Das war ein Kacktag. Eigentlich gut gelaunt und erholt sind wir um 12:00 Uhr von unserer Blockhütte aus losgefahren – also sogar so etwas wie ausgeschlafen. Wir sind sogar noch eine Runde mit dem Paddelboot gefahren und haben die Sonne und das Wasser genossen. Die Strecke war weiterhin ziemlich unspektakulär: Durch Nadelwälder mit Birken zwischendrin ging es ziemlich gerade durch Finnland. Aufregend wieder nur die lokalen Autotreter_innen, die alles gaben, um uns in den Graben zu bewegen. Altes Auto, externes Nummernschild – alles keine Gründe für Rücksicht; Geschwindigkeitsbegrenzungen, uneinsehbare Kuppen und Kurven, Gegenverkehr erst recht nicht.

thumb_DSCN6346_1024Zwischenstop haben wir in Rovaniemi gemacht, dem Santa Claus Village. Also DEM Santa Claus Village, wo der seine postalische Anschrift, sein Postamt und seine Souvenirshops hat. Auch Santa Claus muss ja von irgendwas leben. Rovaniemi liegt direkt auf dem Polarkreis, so dass wir hier unsere Tagesaufgabe lösen konnten: Unser Auto als Schlitten verkleiden und von einem Rentier mit verkleidetem Weihnachtsmann aus dem Polarkreis thumb_DSCN6328_1024rausziehen lassen. Dank Team Schlibo, die uns ihre Requisiten liehen, konnten wir die Aufgabe ohne große Probleme lösen. Das Auto weihnachtlich dekoriert, Katrin mit echtem Rentiergeweih auf dem Kopf und Matthias als steuernder Weihnachtsmann. Bilder davon folgen später sowie alle anderen Bilder auch. Ihr müsst euch also noch gedulden.

thumb_DSCN6369_1024Von dort aus ging es weiter. Als wir eine Autobahn umfahren wollten, passierte das, was eigentlich nicht passieren sollte: Die gut ausgebaute Landstraße, die wir gerade mit ca. 90 km/h (unser Tacho ist da nicht so genau, deswegen kann es auch irgendwas zwischen 75 und 100 km/h sein – eine Tatsache, die uns einen Tag später auch unser offizielles Rennleitungsfoto an einem der stationären Blitzer einbringen sollte) befuhren, verwandelte sich ohne Vorwarnung in eine unbefestigte Buckelpiste. Trotz Zweikreisbremsanlage mit Scheiben rundum verzögerte die panisch eingeleitete Notbremsung (Merke: kein ABS, kein ESP, wer zu scharf bremst, bremst gar nicht) den vollbeladenen Volvo nur widerwillig und es gab bei den ersten Schlaglöchern harte Schläge auf die Vorderachse, die ab diesem Moment schepperte und durchschlug. Auf die Tagesplanung wurde für „irgendwo zwischen Abendessen und Schlafen gehen noch Vorderreifen runternehmen und Achse angucken“ angepasst. Und ab diesem Moment eher vorsichtig gefahren.

Der Rest des Tages spulte sich so ab. Finnland ist nicht unser Land. Diese Sache mit dem Haus und der Sauna am See ist sicherlich toll. Für einen Roadtrip ist das Land aber einfach zu geradlienig.

thumb_IMG_3194_1024Für die Nacht empfahl das Roadbook die Insel Hailuoto. Dem folgten wir und setzten mit der Fähre auf die Insel über. Diese wirkte menschenleer, alles hatte zu und einen wirklich guten Spot zum Wildcampen haben wir nicht gefunden. Auf der Straße kamen uns vier Teams entgegen. Diese hatten sich bereits dazu entschieden, die Insel wieder zu verlassen und auf dem Festland nach einem guten Spot zu suchen. Als uns mit Team Schlibo das fünfte Team entgegen kam, hielten wir kurz. Die hatten einen Spot ausgemacht, waren sich aber noch nicht sicher, ob sie dort schlafen wollten. Gemeinsam entschieden wir, dies zu versuchen, angesichts der fortgeschrittenen Zeit und der Notwendigkeit, auf die Vorderachse zu gucken, kam für uns nichts anderes mehr in Frage. Der Spot entpuppte sich als die Hafenmolle am entgegengesetzten Ende der Insel. Sehr schön gelegen, mit gutem Blick auf den Sonnenuntergang (sie war tatsächlich ganz kurz weg – was nicht bedeutete, das es dunkel wurde) und sanitären thumb_IMG_3196_1024Anlagen. Den Code zu diesen bekamen wir von einem schweizer Ehepaar, die mit ihrem Wohnmobil dort standen. Diese luden wir nach 00:00 Uhr zu unserer nächsten Tagesaufgabe „Essen mit Freunden“ ein. Das große Manko der Hafenmole: Sie ist asphaltiert. Das bedeutet: Kein Zelt, denn schließlich hatten wir den Schlagbohrer zu Hause gelassen. Wir entschieden uns für die ursprünglichste Form von Wildcamping: Einfach draußen. Auf dem Boden. Mit der leichten Sorge, dass uns die Möwen auf den Kopf scheißen. Oder schlimmer: Auf die Daunenschlafsäcke. Um die Nachterzählung kurz zu machen: Im Windschatten des Autos haben wir unter strahlend blauem Himmel hervorragend geschlafen. Kurz, aber richtig gut.

thumb_IMG_3191_1024Vorher stand aber noch die Vorderachse auf dem Programm: Auto aufgebockt, Reifen runter und das Übel angeschaut. Das Lenkgestänge ist okay, lediglich die Buchsen und Gummis der Aufhängung hat es weggebröselt. Und hier zeigt sich wieder, dass wir auf unser Bauchgefühl hätten hören sollen: Als es kurz vor der Rallye die Hinterachsbuchsen zerlegt hatte, haben wir darüber nachgedacht, auch direkt die der Vorderachse zu wechseln, dies angesichts der Zeit und des damit fast automatisch verbundenen Wechsels der Dämpfer und Federn aber auf nach der Rallye verschoben. Hatten ja bisher keine Probleme gemacht und mit „never change a running system“ haben wir auf das Prinzip AWG (alles wird gut) vertraut. Also, hier an dieser Stelle: Bauchgefühl, dir wird in Zukunft vertraut und die blöden Buchsen und Gummis gewechselt, wenn du das sagst. Auch wenn das bedeutet, dass wir neue Dämpfer und Federn einbauen müssen. Zurück zu unserem auf der Hafenmole von Hailuoto aufgebocktem Volvo. Mit einer Mischung aus Spucke, Beschimpfungen, Fett, zurechtgeschnittenem Kühlerschlauch und purer Gewalt haben sich die Vorderachse und ihre Aufhängung zur Kooperation überreden lassen und jetzt, zum Zeitpunkt der Texterstellung, auch seit ca. 700km meckerfrei ihren Dienst verrichtet. MacGuyver wäre stolz. Wir zumindest sind es. Einen weiteren Verlust müssen wir allerdings noch vermelden: Beim Aufbocken fiel der ans Auto gelehnte Campingtisch um und riss die hintere rechte Zierleiste mit sich. Da kümmern wir uns aber erst in Köln wieder drum.

Die ganze Achsgeschichte veränderte allerdings unsere Planung für den nächsten Tag: Anstatt einmal quer durch Finnland in den Osten des Landes nach Lake Pieline zu fahren, planten wir, am Folgetag direkt nach Helsinki zu fahren. Und unseren Autobahnjoker zu nutzen, um die Gefahr plötzlicher Fahrbahnveränderungen zu minimieren. Dadurch können wir eine Tagesaufgabe nicht machen (Foto des Autos vor einer bestimmten Holzkirche) sind aber auf Nummer sicher, um das Auto auch heil ins Ziel zu bringen. Und das wird die Entscheidungsdevise für die nächsten Tage sein: Vorderachse schonen, direkte Wege nehmen, keine Experimente. Alles mit dem Ziel auf eigener Achse die letzten 3500 km zu machen und selbstständig das Ziel zu durchfahren.

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