Am ersten Maiwochenende haben die Organisatoren der 20 Nations zum Saisonauftakt in den Schuppen 1 nach Bremen geladen. Hier wird am 07.07. auch gestartet und am 22.07. der Zieleinlauf sein. Das war für uns natürlich ein Pflichttermin. Im Vorfeld hat uns Doro von den Schlibos angeschrieben, dass sie planen, am Abend vorher beim Biberle Racing Team zu grillen und nach einem gemeinsamen Frühstück von dort aus nach Bremen aufzubrechen. Nach kurzem Abgleichen der geplanten Reisegeschwindigkeit (ein uralter Karmann Ghia ist in etwa genauso schnell wie ein uralter Volvo) klinkten wir uns in den Plan ein. Beeindruckend: BRT haben den Karmann komplett neu aufgebaut, vor einigen Monaten war der noch eine Rohkarosse. Die Rallye sollte Deadline zum endlichen Fertigstellen sein. Platz gibt es da drin jedoch nur in überschaubarem Maße. Nach einem langen Abend und einer kurzen Nacht fuhren wir gemeinsam früh morgens in den Sonnenaufgang Richtung Bremen. Der Schuppen 1 ist eine dieser Altauto-und-alles-drumherum-Locations, die von Menschen mit Benzin im Blut betrieben wird. Er liegt unmittelbar am alten Bremer Verladehafen. Der Saisonauftakt glich eher einer traditionellen Oldtimerveranstaltung, inklusive der bei der Einfahrt verteilten „bitte nicht am Lack packen“-Schilder. Etwas befremdlich, dieses Klientel. Die 20 Nations Teams trafen sich am Rand, es gab ein standesgemäßes Rallyecamp mit Kaltgetränken und Sitzgelegenheiten und Zeit, die anderen Teams kennen zu lernen, zu quatschen, Pläne auszutauschen und vor allem Autos anzugucken. Vom bereits genannten neu aufgebauten Karmann, einen ebenfalls neu aufgebauten Nissan Patrol, Passats, die obligatorischen Volvos über einen Trabant mit Dachzelt (der damit schon bis in die Sahara gefahren ist) bis hin zu einem Toyota Landcruiser, der von einem Anlasser eines italienischen Panzers angetrieben wird, ist alles dabei. Die dazugehörigen Menschen sind genauso bunt und vielfältig, insgesamt wird das aller Voraussicht nach ein Riesenspaß.
Weiter ging es Pfingstsamstag, beim mittlerweile traditionellen Leichenwagentreffen in Leipzig. Den Rahmen dafür bietet das Wave-Gotik-Treffen, bei dem die Dichte nicht kommerziell genutzter Leichenwagen pro Quadratkilometer Stadtfläche fast natürlicherweise etwas höher liegt als sonst üblich.
Bereits 2017 haben wir an dem Treffen teilgenommen und den Hinweg dank endloser Staus und ziemlich großer Hitze als Anregung für einige Umbauten genutzt. Diese haben wir in der letzten Zeit umgesetzt und so sollte die Fahrt dieses Jahr zur Probe aufs Exempel werden. Und um es kurz zu machen: Alles hat gehalten was es versprach und wie wir es gedacht haben. Speziell die Maßnahmen im Bereich Öl- und Motorkühlung funktionieren traumhaft. Richtig gut: Das einstellbare Thermostat, womit das Einschalten der beiden E-Lüfter den Umständen entsprechend geregelt werden kann.
Das Leichenwagentreffen in der bisherigen Form wurde immer von Nico von der Opel-Leiche organisiert. Aus privaten Gründen wird er dies in Zukunft nicht mehr leisten können, so dass ab 2019 das Team Likedeeler als Anmelder*in und offizielle*r Organisator*in auftreten wird. Denn dieses Leichenwagentreffen ist etwas Besonderes:
Es ist eine politische Demonstration für den Erhalt klassischer Leichenwagen und gegen die pietätlose Nutzung von x-beliebigen Kastenwagen a là T4, Vito und Konsorten. Quasi Kombi-Ultras. Und als eine politische Demonstration gehört so etwas angemeldet und mit der Polizei koordiniert – und da haben wir ja ein wenig Erfahrung mit.
Im Anschluss an das Treffen waren wir zusammen mit drei anderen Fahrzeugen und ihren Insassen auf die Schwarze Mühle eingeladen. Im mittelalterlichen Hof der alten Mühlanlage zu Fuß der Burg Wendelstein konnten die Autos leise tickernd von einer spektakulären Anreise über die Landstraßen Thüringens abkühlen, während der Grill ordentlich durchglühte. Ein Abend mit lieben Menschen bei lieben Menschen in großartiger Umgebung. Aber hierfür gilt: Was auf der Schwarzen Mühle passiert, bleibt unter denen die dort waren und dem Schwarzen Müller. Auch wenn der gerade Urlaub machte oder wir einfach so müde vom Tag waren, dass wir ihn einfach verschlafen haben. 2019 geben wir ihm eine neue Chance.
Zum Leichenwagentreffen in Leipzig fuhr unser Volvo ganz dem Anlass entsprechend noch zivil und seriös. Im Anschluss verbrachten wir noch einige Tage in und bei Halle, um Freunde und Familie zu besuchen und nutzten die Zeit um dem Volvo seinen Jogginganzug anzuziehen. Zwar mag laut einem verrückten, alten Mann jede*r, der/die einen Jogginganzug trägt, die Kontrolle über das Leben verloren haben – aber beim Langstrecken-Abenteuer-Charity-Rallye-fahren geht es ja ein bisschen auch genau darum. Und so ist ein Großteil des Teamdesigns und das offizielle Rallyebranding jetzt auf dem Auto drauf. Wir finden es
steht dem Volvo super. Eine Mischung aus Nascar und Kirmesbude. Richtig gut. Besonderes Add-on: Beim offiziellen Rallyebranding haben die Veranstalter der 20 Nations sich an unser Farbkonzept in schwarz und weiss gehalten. Natürlich extra nur uns zu liebe ;-)!
Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschafft hatten (und weswegen wir beim schwarzen Müller in der Mühle schlafen mussten): Den Innenraumausbau in Angriff zu nehmen.
Das wurde direkt im Anschluss nachgeholt, denn die nächste Tour stand schon wieder in den Startlöchern. Fronleichnam war unser regelmäßig unregelmäßiges Treffen mit der Baltic Sea Circle 2016 Reisegruppe. Also setzte sich Katrin an die Nähmaschine und fing an, Vorhänge für die Scheiben im ehemaligen Sargraum zu nähen, während Matthias im Hof mit MDF, Multiplex, einem Haufen Schrauben, Winkeln, Muttern und Unterlegscheiben kämpfte. Der Plan: Die Scheiben werden mit Stoffvorhängen an Klett blickdicht gemacht, im Innenraum ein zweiter Boden eingezogen mit ausreichend Platz zum Dach, zwei Schubladenauszügen aus den hinteren Seitentüren, einem Schubladenauszug aus der Kofferraumklappe und zwei durch Klappen von oben zugänglichen Fächern über der Hinterachse. Obendrauf eine dünne Klappmatratze und fertig ist das Wohnmobil. Eines der Klappfächer soll unsere zwei 10-Liter-Ersatzkanister und alles Werkzeug aufnehmen, die
andere ist für Gepäck, an das man nicht sooo schnell ran muss, die beiden seitlichen Auszüge für unsere Anziehsachen und der hintere für Material, Proviant und Küche. Und Platz für die Campingsessel und -tisch sollte auch noch sein. Viel Gefluche später (unter anderem, weil der Zugang zum Reserverad in der linken Seite im Kofferraum ja weiterhin sichergestellt werden muss) wurde der Einbau bis auf die Schubladenauszüge rechtzeitig fertig.
Um das Schlafen im Auto noch besser zu machen, orderten wir ClimAir-Windabweiser für die beiden hinteren Türen (mit denen kann das Fenster einen Spalt aufstehen, ohne dass es reinregnet), im Haustierzubehör Fenstergitter (mit denen kann das Fenster etwas mehr auf sein und ist trotzdem durchgreifsicher) sowie einen Thermo-Windschutzscheibenschutz und Überzieher aus Mesh für die Seitenscheiben (die eigentlich als Sonnenschutz gedacht sind, bei uns aber vor allem Mückenschutz sein sollen). Alles in allem ganz gut durchdacht. Dachten wir.
Für das Reisegruppentreffen hatte Hinne von Gin-Tourismo einen Campingplatz im Harz gefunden, der in etwa gleichweit von allen Anreisenden entfernt war. Ein wunderschöner, kleiner Campingplatz mit toller Anfahrt durch den Harz, lieber Betreuung und vor allem super gepflegt. Ernsthaft sehr zu empfehlen, auch komische Menschen mit alten, bunt beklebten Autos sind herzlich Willkommen.
Auf der A1 verabredeten wir uns mit dem Team Polarkreisverkehr. Hinter Flipper (dem T3 der beiden) herzufahren, ein bisschen über Funk die Ungewöhnlichkeiten der anderen Verkehrsteilnehmer zu diskutieren und regelmäßige gemeinsame Pipi- und Tankpausen einzulegen, hat das Rallyefieber schon wieder ein wenig geweckt. Dank etlicher Staus (und unseres nicht wirklich hohem Reisetempos) kamen wir gute 3 Stunden später als geplant in der Dämmerung auf dem Campingplatz an. Dank Vorankündigung per digitaler Kommunikation (man muss ja nicht auf jeden Luxus verzichten, auch unter Rallyeteams nicht) war der Grill schon an und wir konnten uns an den quasi gedeckten Tisch setzen. Um dann nach ausreichendem Abhängen, sich gegenseitig auf den neuesten Stand bringen und Geschichten erzählen, müde und kaputt in den Volvo zu steigen und eine unruhige und relativ schlaflose Nacht vor sich zu haben. Man liegt relativ gut, wenn man beim Abstellen des Autos berücksichtigt, dass die Liegefläche in der Waage steht. Hatten wir aber nicht. Unser Plan, durch die Heckklappe einzusteigen, funktionierte; das Aussteigen leider gar nicht: Wir hatten nicht bedacht, dass beim Einbauen einer zweiten Ebene (sprich Erhöhung) im Kofferraum sich der Hebel zum Hochwuchten der Klappe derart verkürzt, dass diese, ein ziemlich schweres Eisenschwein, sich einfach nicht mehr bewegen lässt. Bei ausgebauten Kopfstützen kann man aber auch recht gut über die Sitze aus den Vordertüren aussteigen. Was wir nicht erwartet hätten: Obwohl wir die Fenster der hinteren Türen ca. 30 cm auf jeder Seite offen hatten und zusätzlich noch die Dreiecksfenster an den Vordertüren auf hatten, kam im Schlafbereich ungefähr null frische Luft an. Entsprechend schnell war es superstickig und bullenwarm. On top hält der Klebeklett im Auto nicht, so dass die Vorhänge die ganze Zeit runterkamen. Und entsprechend genervt sind wir am frühen Morgen aufgestanden.
Hätte uns zu diesem Zeitpunkt jemand eine Säge in die Hand gedrückt, wäre der ganze Ausbau rausgeflogen und noch am Abend dem Lagerfeuer zum Opfer gefallen. Einen Kaffee und die Ideen und Hinweise eines Ingeneurs, der sich hauptberuflich mit Luftbewegung beschäftigt, später sah die Welt minimal anders aus und für die Folgenacht hatten wir einige Ideen zur Verbesserung. Diese halfen tatsächlich, so dass wir sehr viel besser schlafen konnten. Unterm Strich trotzdem nicht sehr zufriedenstellend, weswegen wir für die Rallye folgenden Plan haben: Wenn wir unterwegs ambulant schlafen, dann machen wir das primär im Zelt. Der Schlafausbau im Auto bleibt für die Male, wo man mal ne Stunde schlafen muss, weil man sonst nicht weiter fahren kann oder wo ein Zeltaufbau unmöglich ist. Ein neues Zelt dafür haben wir auch. Bei einem großem Outdoordiscounter gibt es Zelte die nach außen stark hitzeabschirmend, nach innen lichtdicht und somit dunkel sind und zusätzlich eine für Zelte fast unendliche Anzahl an Belüftungsmöglichkeiten haben. Und da wir beim BSC ja durchaus die Bratschlaucherfahrung in unserem Trekkingzelt gemacht haben, haben wir uns so etwas gegönnt. Angegeben als drei Personenzelt, real eher Platz für zwei Personen mit Luft. Besonderes Highlight: Der Einstieg erfolgt seitlich und zwar auf BEIDEN Seiten. Also kein Übereinanderhergekrabbel mehr.
Ansonsten können wir nach ca. 2500 Testkilometern vermelden: Auto läuft, Ausbau ist fast fertig, als Beklebung fehlen nur noch die Namen der Unterstützer*innen unserer Spendensammlung und unser Lieblingsteamsupport von Danko Tattoo und Raccoone Records. Wir müssen nur noch die paar Sachen zusammen suchen, die wir so brauchen und dann kann es losgehen. Die Generalproben waren also alle relativ erfolgreich, noch 27 Tage bis zum Start…
Wie muss es einem alten Leichenwagen innerlich – also tief in seiner Leichenwagenseele – ergehen, wenn seine Liegend-Passagiere überhaupt nich still liegen können und ihn eigenaktiv über die Frontsitze krabbelnd wieder verlassen? Trauma!!!
Dass der ab und zu rumzickt, kann nicht wirklich verwundern.
Trotzdem wünsche ich gutes und pannenfreies friedliches Miteinander auf Eurer Tour
Lieber Gruß von Andreas
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Chapeau für so viele wunderbare Ideen und das Engagement für die gute Sache. Wir freuen uns jedes Mal aufs Neue, wenn wir von Euren Aktivitäten lesen und somit dabei sein dürfen. Das mit den Klebestreifen für die Gardinen war ja schon im Vorfeld mit skeptischen Augen gesehen worden. Die jetzige Lösung mit dem Zelt ist super. Wir freuen uns auf die kommenden News, wünschen Euch einen guten Start zur Tour ohne Pannen und andere Zwischenfälle. Drücke!!!!!!!!!
Liebe Grüße von Rosi und Volker
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